Die Schöne und das Biest

Lange hat es gedauert, nun ist sie da in World of Warshsips (WoWS), die Graf Zeppelin! Der einzige wirkliche Flugzeugträger den Deutschland im zweiten Weltkrieg gehabt hätten, wenn das Schiff denn je fertig geworden wäre. Auf alle Fälle wäre sie ein sehr ansehnliches Schiff geworden und das hat Wargaming.Net (WG) gut umgesetzt und sie in voller Pracht zum Leben erweckt, zumindest optisch. Was die spielerische Seite angeht, so muss man leider sagen war die Entwicklung im Spiel ähnlich wechselhaft wie es bei der echten Graf Zeppelin war und das Ergebnis ist, so viel nehme ich schon vorweg, aktuell ähnlich unbefriedigend wie in der Realität. Aber beginnen wir am Anfang und schauen auf die kurze und tragische Geschichte dieses potentiell stolzen Schiffes und kommen dann zur Auflösung des Titels … wobei das nicht schwer zu erraten sein dürfte.

Die Geschichte

Viel kann man zur Geschichte der Graf Zeppelin nicht sagen, denn eigentlich gab es ja nur die Planungs- und Bauphase, denn fertig wurde das Schiff nie und einen Einsatz hat es nie gegeben. Allerdings muss man sich auch ernsthaft die Frage stellen, ob ein Flugzeugträger in der deutschen Kriegsplanung überhaupt sinnvoll zum Einsatz hätte kommen können, denn die meisten potentiellen Ziele (vor allem England) waren auch vom Land aus in Reichweite der deutschen Flugzeuge. Natürlich standen die Überlegungen im Raum, dass man den Atlantik zu beherrschen hätte, sofern man erst einmal ganz Europa unter seine Kontrolle hätte, allerdings stand das ja nun Dank den Alliierten nie wirklich im Raum.

Flugzeugträger "Graf Zeppelin", Bau
Quelle: Von Bundesarchiv, RM 25 Bild-62 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de

Als in den 1930er Jahren in Deutschland die Wiederaufrüstung vorangetrieben wurde wollte die Marine neben Schlachtschiffen und Kreuzer auch möglichst bald über eigene Flugzeugträger verfügen. Bis 1934 sollten es drei Stück sein und daher wurde bereits 1932 der Bau von Trägern mit in die Planungen aufgenommen. Die Wirren der 1930er Jahre, die Machtergreifung 1933, die Loslösung vom Friedensvertrag von Versailles und die Arbeiten an anderen Rüstungsprojekten warfen aber die Planungen immer wieder um. So blieben am Ende nur zwei Schiffe der Graf Zeppelin-Klasse übrig, deren Bau dann auch begonnen wurde, allerdings erst 1935 und dann auch sehr zögerlich.

Flugzeugträger "Graf Zeppelin" nach Stapellauf
Quelle: Von Bundesarchiv, Bild 146-1984-097-36 / Urbahns / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de

Der Stapellauf der Graf Zeppelin war dann Ende 1938 geplant, aber wieder wurden andere Projekte (jetzt war es der Bau von U-Booten) dem Ausbau des Trägers vorgezogen und führten erst zu einer Verzögerung und dann 1940 sogar zum Stopp der Arbeiten. Der zweite Träger dieser Klasse war zu diesem Zeitpunkt bereits verschrottet und die Graf Zeppelin rostete vor sich hin. 1942 wurde dann ein neuer Versuch unternommen und für knapp ein halbes Jahr wurde wieder an dem deutschen Flugzeugträger gearbeitet, wobei auch gleich einige Umbauten erfolgten. Im Februar 1943 war es dann damit aber auch schon wieder vorbei, der Bau wurde eingestellt und das zu 90 Prozent fertige Schiffe wurde nach Stettin geschleppt. Dort wurde es 1945 vor dem Rückzug der deutschen Truppen gesprengt und unbrauchbar gemacht. Nach dem Krieg hob die russische Marine es aber wieder und begann das Schiff intensiv zu untersuchen, bis es dann 1947 versenkt wurde.

Das Schiff im Spiel

Die Graf Zeppelin hat einige Wandlungen während der Entwicklung erlebt, vor allem was die Zusammensetzung der Staffeln angeht. Zuerst waren es zwei Staffeln mit je vier Jägern und drei Staffeln mit je fünf Torpedobombern, wobei die Torpedobomber ein kreuzförmiges Muster hatten. Danach wurden diese entfernt und zu den zwei Jägerstaffeln (weiterhin mit vier Fliegern) gesellten sich drei Sturzkampfbomber-Staffeln mit je fünf Flugzeugen. Diese bekamen die Option (muss man vor dem Start der Runde auswählen) entweder hochexplosive oder panzerbrechende Bomben auf die Gegner zu werfen, ähnlich wie es bei der Enterprise (amerikanischer Premium-Flugzeugträger der Stufe acht) ist. Die Folge davon war, dass die panzerbrechenden Bomben – ironischerweise vor allem auf deutsche Schlachtschiffe – eine verheerende Wirkung hatten (siehe folgendes Video) und nun zur Veröffentlichung kurzfristig mit einer fünf-Sekunden-Verzögerung versehen wurden. Darüber hinaus wurde aus der Ellipse beim Abwurf von hochexplosiven Bomben ein Kreis (erstmals so im Spiel umgesetzt), da die maximal 18 Bomben auf Zerstörer beim herkömmlichen Abwurfbild zu effektiv waren.

Stukturpunkte: 52.600
Panzerung: 9 mm bis 100 mm

Hauptgeschütze:
Reichweite:
Drehgeschwindigkeit (180 Grad):
Nachladezeit:

Torpedowerfer:
Reichweite:
Geschwindigkeit:
Nachladezeit:

Sichtbarkeit (Schiff): 16.2 km
Sichtbarkeit (Flieger): 13.83 km

Höchstgeschwindigkeit: 32 kn
Ruderstellzeit (180 Grad): 17.86 s
Wenderadius: 1140 m

Im Gegensatz zu den Bildern bei der Ankündigung (siehe oben) und den realen Planungen zu dem Schiff, führt die Graf Zeppelin nicht nur 42 Flieger mit sich, sondern 72 (8 Jäger in zwei Staffeln und 17 in Reserve, 15 Bomber in drei Staffeln und 32 in Reserve). Das ist deutlich mehr als manch ein Spieler nach den ersten Bildern befürchtet hatte und damit passt die Graf Zeppelin in dem Punkt genau zu den anderen Trägern ihrer Stufe. Erwähnenswert sind die guten Sekundärgeschütze, die mit 6.250 m Reichweite mehr als ordentlich sind und bei entsprechenden Signalen, Fähigkeiten und Modulen sogar auf über 9 km kommen. Allerdings muss man ehrlicherweise sagen, dass dies eher nettes Beiwerk ist und sehr selten von Bedeutung sein wird.

Meine Meinung

Wer ist die Schöne und wer das Biest in dieser Geschichte? Nun, die Graf Zeppelin sieht hübsch aus und WG kommt leider hier der Part des Biests zu – sorry. So liebevoll das Schiff umgesetzt wurde, so sehr wurde es in der aktuellen Fassung versaut – leider muss ich das so deutlich sagen. Damit die Aussage nicht so im Raum stehen bleibt, werde ich das nun ein wenig ausführen, wobei ich anmerken muss, dass WG an dem einen oder anderen Punkt noch einmal etwas ändern dürfte.

Die Jäger mögen zwar mit 175 kn die schnellsten ihrer Stufe sein, aber die paar Knoten mehr sind praktisch kaum spürbar und dafür sind die Jäger extrem schwach und halten wenig aus. Selbst die eigentlich eine Stufe niedrigeren Jäger der Enterprise zerpflücken die Bf 109 T des deutschen Trägers in Sekunden und das liegt nicht nur daran, dass ein Jäger mehr pro Staffel mit fliegt. Auch was man gegen feindliche Bomberstaffeln an Jägern verliert steht kaum im Verhältnis zu dem, was die Jäger abschießen und das auch wenn man den Tiefflugangriff (englisch strafing run oder strafing attack – den ALT-Angriff der Jäger) verwendet. Da schmelzen die Reserven bei den Jägern leider sehr schnell dahin und der Gegner hat bald freie Bahn für seine Bomber, während die eigenen mehr oder minder schutzlos über die Karte gondeln.

Damit konnte man gut leben, als die Graf Zeppelin als Ausgleich ein wirklich brachiales Schadenspotential hatte, sofern man zum Ziel durch kam, wobei man ehrlich zugeben muss, dass die panzerbrechenden Bomben in der ersten Fassung viel zu stark waren (siehe folgendes Video) und das ungewöhnliche Abwurfmuster der Torpedobomber für feindliche Schiffe (auch Zerstörern) ein Ausweichen zu sehr erschwerten. Was WG allerdings geritten hat kurz vor Veröffentlichung eine komplett neue Mechanik einzuführen, um das Schiff in den Griff zu bekommen, ist mir nicht verständlich. Aktuell haben die panzerbrechenden Bomben eine Verzögerung zwischen Abwurf und Auftreffen von fünf Sekunden, was kein Fehler im Spiel ist, sondern wirklich so gewollt. Damit muss man auf bewegte Ziele massiv vorhalten und selbst dann sind Treffer nicht garantiert und oft genug gehen alle Bomben neben das Ziel. Mehr Erfolg hat man in der Regel mit dem automatischen Abwurf, denn hier treffen wenigstens ein paar der Bomben und können, je nach Ziel, durchaus einigen Schaden anrichten. Vergleicht man das allerdings mit dem was eine Enterprise mit (weniger) panzerbrechenden Bomben anrichtet, die darüber hinaus aber noch Torpedos hat, so ist das sehr viel weniger.

Dazu kommt, dass diese panzerbrechenden Bomben gegen Zerstörer mehr oder minder nutzlos sind (man könnte witzeln, dass sie entweder neben das Ziel oder, bei einem Treffer, einfach durch das Ziel durch fallen). Hier waren zuerst die hochexplosiven Bomben zu stark, weshalb nun der Abwurfbereich ein Kreis und keine Ellipse mehr ist. Damit landen aber leider eine Menge Bomben neben dem Ziel und da sie nicht mehr entlang des Ziels abgeworfen werden. Unlogischerweise gibt es hier keine Verzögerung wie bei den panzerbrechenden Bomben, allerdings wären dann die Sprengbomben wohl völlig nutzlos und praktisch unbrauchbar geworden.

Ich bin absolut der Meinung, dass die Bomben in der vorherigen Fassung der Graf Zeppelin viel zu stark waren, auch wenn das nur für einige Ziele galt (deutsche Schlachtschiffe vor allem), aber die Verzögerung zwischen Abwurf und Einschlag ist eine unerprobte Mechanik die nichts anderes bewirkt, als den Abwurfbereich künstlich zu vergrößern, da man fünf Sekunden im Voraus den Kurs des Gegners abschätzen muss. Eine leichte Kursänderungen macht da aus einem mühsam erarbeiteten Angriff eine Nullnummer und da die Bomber lange im Flak Feuer des Gegners sind, wird man immer selbst Schaden (in Form von verlorenen Fliegern) nehmen. Wären die Bomber wenigstens schneller unterwegs oder dürfte man (wie bei der Enterprise) den dritten Platz bei den Modifikationen verwenden (sonst erst bei Schiffen ab Stufe neun verfügbar), um sie schneller oder haltbarer zu machen, dann wäre das ein erster Ausgleich der Chancen. So aber ist man in der Regel auf bewegte Ziele gezwungen den automatischen Angriff mit seiner viel größeren Streuung zu nutzen, damit man wenigstens etwas Schaden macht und kann dann nur noch auf einen gnädigen Zufallsgenerator hoffen.

Im aktuellen Zustand muss man leider sagen, dass die Graf Zeppelin eigentlich nur zum rostenden Sammlerstück im Hafen taugt. Natürlich muss man den Abwurf mit der Verzögerung üben und es wird immer Spieler geben die damit tolle Erfolge feiern werden oder Situationen in denen man Glück hat und einen stehenden Gegner trifft, der die volle Landung panzerbrechender Bomben abbekommt. Aber ehrlich gesagt sind das die Ausnahmen und glänzende Ergebnisse mit dem automatischen Abwurf wird man nicht einfahren, vor allem wenn man es mit dem Vergleich was mit anderen Flugzeugträgern hier möglich ist. Dazu kommen die in meinen Augen deutlich unterlegenen Jäger und die Einschränkung bei der Zusammenstellung, denn es gibt gar keine Option auf Torpedobomber, aber gut, das ist bei Enterprise und Kaga auch so. Dennoch schmerzt dies bei der Graf Zeppelin umso mehr, da man mit den Sturzkampfbombern immer über das Ziel fliegen muss und somit viel länger der Luftabwehr ausgesetzt ist und somit viel mehr Flieger verliert.

Beispiele für die Fähigkeiten des Kapitäns

Alle Empfehlungen sind natürlich immer auch im entsprechenden Guide über das Menü zu finden ist und ich hoffe es rundet den Artikel ein wenig ab und spart euch den einen oder anderen Klick. Die Empfehlungen sind auch nur solche und stellen nicht das Maß aller Dinge da oder eine abschließende finale Version, da sich Dinge im Spiel angepasst werden und auch die Spielweisen der Spieler sich ständig ändern.

Stufe 1: Flugzeugwartungsexperte Kurvenkampfexperte

Stufe 2: Heckschützenexperte

Stufe 3: Notstart

Stufe 4: Luftherrschaft Verbesserte Schießausbildung Tarnungsmeister

Begründung: Da die Graf Zeppelin über keine Torpedobomber verfügt, fallen zwei sonst wichtige Fähigkeiten weg, deren Punkte man aber gut anderweitig nutzen kann. Den Anfang machen “Flugzeugwartungsexperte” und “Kurvenkampfexperte”, wobei die zweite der beiden Fähigkeiten eigentlich nur genommen wird, weil ich am Ende einen Punkt übrig habe und 10 Prozent mehr Munition für die Jäger diese etwas länger im Gefecht hält. “Heckschützenexperte” auf Stufe zwei ist die einzige Fähigkeit die wirklich sinnvoll ist und auch wenn die Bomber in der Regel keine Staffel von Jägern abschießen wird, der ein oder andere einzelne Jäger eines Schlachtschiffes oder Kreuzers wird damit vom Himmel geholt und wenn das vor dem Abwurf passiert, steigt die Trefferchance. Auch “Notstart” bleibt auf seiner Stufe bei mir alleine, womit mir noch zwölf Punkte bleiben für drei Fähigkeiten auf Stufe vier. “Luftherrschaft” fügt meinen Staffeln je einen Flieger hinzu, womit ich zwar meine Reserven reduziere, aber dafür mehr Schlagkraft bekomme. Mit “Verbesserte Schießausbildung” helfe ich meiner soliden Flugabwehr ein wenig und erhöhe gleichzeitig die Reichweite der Sekundärgeschütze um 20 Prozent, was ein netter Bonus ist. Zuletzt bleiben noch vier Punkte für “Tarnungsmeister” als Abschluss, denn die Graf Zeppelin ist leider weithin sichtbar und nicht gerade gut gepanzert, weshalb schon ein kurzes entdeckt werden oft schmerzhafte Folgen hat.

Wer mit “Notstart” nichts anfangen kann, der könnte auf “Schießgrundausbildung” ausweichen um Flak und Mittelartillerie weiter zu stärken. Definitiv die Finger sollte man von “Ausweichmanöver” lassen, denn diese Fähigkeit ist und bleibt ziemlicher Blödsinn in ihrer aktuellen Form. Ebenso lohnt der sonst von mir hoch geschätzte “Inspekteur” bei Trägern sich überhaupt nicht, da man nur ein begrenztes Verbrauchsgut hat (Defensives Fla-Feuer) und hier sind in der Regel die zwei Aufladungen (in der Premium-Version) für eine Runde ausreichend.

6 Gedanken zu „Die Schöne und das Biest

  1. Danke, Hurz. Sehr gut und verständlich geschrieben.
    Ich bin gespannt wie es mit dem Schiff weitergeht – so kann es jedenfalls nicht bleiben.

  2. Vielen Dank für deinen kleinen Bericht zur Graf Zeppelin!
    Bei mir steht sie auch schon im Hafen, allerdings hauptsächlich, weil ich alle deutschen Schiffe sammle.
    Hoffentlich wird sie noch einmal leicht angepasst. Wobei ich leider nicht so sehr damit rechne.
    Auf jeden Fall aber ein schönes Schiff!

  3. Hallo Hurz
    Im RL wäre es tatsächlich zu schade das schöne Schiff auf die Schlachtbank zu schicken.
    Also bleibt sie im Hafen.
    Die Chance auf eine gute Runde ist gleich Null.
    Der kreisförmige Abwurf Radius bei Zerstörern und Kreuzern ist schlichtweg ein Witz .
    Zumal bei Tier VIII Kreuzern und erstrecht Schlachtschiffen die AA für diese Papierflieger viel zu stark ist. Ein durchkommen zum Ziel fast unmöglich.
    Bedauerlicherweise wollte ich den Lästerern keine Folge leisten und bin frontal gegen die Wand gelaufen.
    Bleibt nur zu hoffen das hier ordentlich nachgebessert wird.
    Den Spaß und die Freude an Premium Schiffen habe ich jedenfalls verloren.
    Das war mein letztes

  4. Inzwischen ist klar, dass WG hier nachbessern will und nachbessern wird und es sogar vielleicht eine Variante mit Torpedos geben könnte. Grund für diesen aktuell nicht so wirklich brauchbaren Zustand ist, dass die GZ zur GC2017 in den Laden musste/sollte und ein Schiff später verschlechtern ist immer kritischer als es später zu verbessern.

  5. WG zieht Konsequenzen aus der unbalancierten Graf Zeppelin (Text ist momentan nur in Englisch vorhanden):
    https://worldofwarships.eu/de/news/premshop/Graf-Zeppelin-Situation-Update/
    1) Die Graf Zeppelin wird aus dem Verkauf gezogen.
    2) Das Schiff soll überarbeitet werden. Alle Besitzer sind ausdrücklich aufgefordert, ihr Feedback zu geben, um bei der Verbesseung zu helfen. Als Belohnung/Entschädigung (?) soll es dann ein 3-monatiges Exklusivrecht sowie eine permanente Sondertarnung geben.
    3) Das Schiff kann auch in einem vereinfachten Verfahren zurückgegeben werden, falls gwünscht.

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