Mutsu, die andere Nagato

In vermutlich nicht allzu ferner Zukunft will Wargaming.Net (WG) seine Sammlung an Premium-Schiffen für World of Warships (WoWS) erweitern und zwar um ein Schlachtschiff der Stufe sechs unter japanischer Flagge: Die Mutsu. Ich gestehe ehrlich, dass ich von dem Schiff zuvor nie etwas gehört habe, was auch daran liegen mag, dass man eher die Nagato kennt, das Schwesterschiff der Mutsu, welches auch Namensgeberin für die Schiffs-Klasse war. Warum sich WG nun entschlossen hat dieses Schiff zu einem Premium-Schiff zu machen wird vermutlich weniger am Schiff selber liegen als an anderen Umständen. Die japanische Flotte in WoWS hat einige Premium-Schiffe, aber es sind nur zwei kleine Schlachtschiffe (Mikasa auf Stufe zwei und Ishizuchi auf Stufe vier) mit dabei, die nicht wirklich ernst zu nehmen sind. Außerdem sind eine Menge Bauteile der Mutsu schon im Spiel, denn es ist ja eine Nagato und damit dürfte das Schiff etwas schneller realisierbar gewesen sein, als ein komplett neues Schiff. Wie dem auch sei, WG hat mit der Mutsu ein hübsches Stück in der Warteschlange und stattet sie sogar mit ein paar Besonderheiten aus. Aber bevor wir zu diesen kommen gibt es wie gewohnt erst eine kleine Geschichtsstunde.

Geschichte

Beinahe hätte es die Mutsu nicht gegeben, denn nur drei Monate nach ihrer Indienststellung, die am 24. Oktober 1921 erfolgte, drohte ihr schon wieder die Verschrottung. Grund dafür war, dass die USA im Zuge der Flottenkonferenz in Washington zwei ihrer Colorado-Klasse Schlachtschiffe verschrotten wollten und im Gegenzug davon von Japan forderten, die frisch gebaute Mutsu umgehend wieder zu zerlegen. Das wollte die japanische Delegation natürlich nicht hinnehmen und behauptete frech, dass das Schiff bereits am 10. September 1921 seinen Dienst aufgenommen hätte und noch dazu mit den Spenden japanischer Schulkinder finanziert worden war. Die vermutlich tränenreich vorgetragenen Argumente und der heftige Widerstand retteten die Mutsu vor einem frühen Ende, denn die Amerikaner stimmten zu und durften dafür eines der beiden Schlachtschiffe der Colorado-Klasse behalten. Die Briten durften dafür die Hood behalten, das Schiff, dass Jahre später von der Bismarck versenkt wurde.

Die Grundlagen für den Bau der Nagato und Mutsu wurden bereits 1916 gelegt, denn die japanische Marineführung wollte eine überlegene Klasse von Schlachtschiffe schaffen, die sowohl bei Geschwindigkeit als auch Feuerkraft führend sein sollten. Dabei half ihnen auch die Seeschlacht vor dem Skagerrak, denn daraus wurden einige neue Erkenntnisse gewonnen und die Pläne für die Schiffe entsprechend angepasst. Neben der Erweiterung des Panzerungsschutzes auf nicht vitale Bereiche des Schiffes, wurde vor allem die Erhöhung des Kalibers der Hauptgeschütze auf 410 mm zu einem zentralen Punkt. Hatte die japanische Marine noch bei der Fuso- und Ise-Klasse auf sechs Türme mit je zwei Rohren gesetzt, wurde die Zahl für die neue Klasse auf vier Türme reduziert. Dank des höheren Kalibers sollte die Feuerkraft dennoch mindestens gleich bleiben und das eingesparte Gewicht führte dazu, dass die Nagato und Mutsu mit 26 kn zu den schnellsten Schlachtschiffen ihrer Zeit wurden. Damit hatte man den Plänen nach die Ziele erreicht und es wurde der Bau der zwei Schiffe begonnen.

Mutsu_Original
Quelle: Wikipedia

Knapp zwei Jahre nach Beginn der Planungen wurde die Mutsu am 1. Juni 1918 auf Kiel gelegt und dann innerhalb von zwei Jahren fertig gestellt, so dass der Stapellauf am 31. Mai 1920 erfolgen konnte. Damit blieb die Mutsu für fast zwei Jahrzehnte das letzte Schlachtschiff, dass eine Werft in Japan verließ. Wie schon oben beschrieben erfolgte die tatsächliche Indienststellung am 24. Oktober 1921 und dann folgte erst einmal eine Dienstzeit ohne große Aufregung oder Ereignisse. Sie empfing hohe Würdenträger, führte einige Versorgungsfahrten nach dem Erdbeben 1932 in Kyushu durch und dann wurde 1932 die Luftabwehr der Mutsu verstärkt, als das Schiff nach inzwischen 11 Jahren auf See zur Inspektion und Umrüstung ins Trockendock einlief. Für fast ein Jahr (Ende 1938 bis Ende 1939) wurde die Mutsu sogar in die Reserve geschickt und dann 1941 in der Vorbereitung auf den geplanten Krieg noch einmal umgebaut, wobei die Panzerung in manchen Bereichen verstärkt wurde.

Die Teilnahme der Mutsu am zweiten Weltkrieg lässt sich in weiten Teilen am besten mit “nur dabei statt mitten drin” beschreiben, denn die meiste Zeit verbrachte sich in heimischen Gewässern und wurde zum Teil auch nur als Ausbildungsschiff verwendet. Offiziell nahm sie aber auch bei dem Angriff auf Pearl Harbor und an der Schlacht um Midway teil, allerdings fungierte sie hier hauptsächlich als Sicherungsschiff weit hinter den eigenen Verbänden und nahm nicht aktiv an den Gefechten teil. Auch während der Operationen um Guadalcanal war sie mit der Absicherung der Träger betraut und führte einige Versorgungsfahrten durch. Spektakulär und für 1121 Menschen leider tödlich war dann der Untergang der Mutsu, dessen Ursache bis heute nicht ganz geklärt ist. Am 8. Juni 1943 lag die Mutsu vor der Küste der Präfektur Yamaguchi im Süden der japanischen Hauptinsel vor Anker, als kurz nach dem Mittagessen das Munitionslager unter dem dritten Turm explodierte und das Schiff in zwei Teile spaltete. Beide Teile gingen sofort unter und es überlebten nur 353 Besatzungsmitglieder das Unglück. Lange vermutete man einen Angriff eines amerikanischen U-Bootes oder Sabotage als Ursache, aber auch ein Unfall kam in Betracht und daher wurden viele Untersuchungen angestellt um die wahre Ursache zu finden. Ein Angriff konnte später ausgeschlossen werden, als Taucher die Wrackteile untersuchten, aber bis heute ist es nicht klar, ob es nun ein Unfall war oder vielleicht doch Sabotage.

Das Schiff im Spiel

Da es sich bei der Mutsu um eine frühe Form der Nagato handelt und das Schiff auf Stufe sechs herunter gesetzt wurde, sind die Werte des Schiffs entsprechend angeglichen worden. So sind die Strukturpunkte reduziert (um 6.600 Punkte) und die Panzerung ist etwas schwächer und dazu kommen die Geschosse, die minimal weniger Schaden (12.400 statt 12.600 bei der panzerbrechenden Munition) und Durchschlagskraft haben und leicht langsamer fliegen (790 m/s statt 805 m/s). Die Eckdaten im Überblick sehen dann also so aus:

Stukturpunkte: 58.400
Panzerung: 13 mm bis 330 mm
Hauptgeschütze: 4 x 2 410 mm
Reichweite: 20.35 km
Drehgeschwindigkeit (180 Grad): 47 s
Nachladezeit: 30 s
Torpedowerfer: 4 x 1 533 mm
Reichweite: 7 km
Geschwindigkeit: 57 kn
Nachladezeit: 21 s
Sichtbarkeit (Schiff): 16.92 km
Sichtbarkeit (Flieger): 13.29 km
Höchstgeschwindigkeit: 26.5 kn
Ruderstellzeit (180 Grad): 17.9 s
Wenderadius: 770 m
Die Mutsu im Spiel hat einige Besonderheiten, die klug genutzt bei unvorsichtigen Gegnern für eine böse Überraschung sorgen können, vor allem falls die Mutsu kein so häufiger Gast sein sollte in Gefechten. Neben den sehr durchschlagskräftigen 410 mm Geschützen sind das vor allem die beiden Torpedowerfer auf beiden Seiten, die zwar nur Einzelwerfer sind, aber dafür in 21 s nachladen (schneller als die Hauptgeschütze). Großer Nachteil der Torpedowerfer ist allerdings der Winkel in dem sie abgeworfen werden können, denn der ist sehr schmal und die Mutsu muss für den Einsatz dem Ziel mehr oder minder die komplette Breitseite zeigen. Außerdem fallen die Torpedowerfer erstaunlich leicht aus, obwohl sie eigentlich geschützt im Inneren des Schiffes liegen, aber die Position in der Mitte des Schiffes lässt dort einfach viele Granaten einschlagen, die dann irgendwann den einen oder anderen Werfer ausschalten.
Meine Meinung
Die Mutsu zu spielen sollte den wenigsten Spielern wirkliche Probleme bereiten, denn die Nachteile oder Schwächen des Schiffs halten sich in Grenzen und die Besonderheiten sind nicht so herausragend komplex zu beherrschen. Sie ist für ihre Stufe mehr als ausreichend schnell um mit Bayern, Warspite oder Arizona mithalten zu können und verfügt über eine ähnlich gute Panzerung, wenn man nicht gerade mit der kompletten Breitseite zum Gegner fährt. Aber hier könnten die ziemlich guten 7 km Torpedos zu einem Problem werden, wenn man diese unbedingt einsetzen will und das obwohl es eigentlich Unsinn ist. Genau dann muss man seine weiche Flanke dem Gegner zeigen und die Zeit bis ein feindliches Schlachtschiff nachgeladen hat, wird in der Regel nicht ausreichen, um sich für die Torpedos in Position zu bringen, abzuwerfen und dann wieder zurück zu drehen, um seine Panzerung anzuwinkeln. Besser ist es, die Torpedos nur dann einzusetzen, wenn man dem Gegner sehr nahe ist, dieser auf einen zufährt und man so die Torpedos bei maximalem Winkel der möglich ist dem Gegner in seine Fahrtrichtung wirft. Oder man wirft sie auf einen Feind, der sich gerade um eine Insel herum bewegt, um ihn mit einem netten 533 mm Gruß willkommen zu heißen.
mutsu
Eine weitere Schwierigkeit ist die sehr schwache Luftabwehr der Mutsu, die ihrem Vorkriegs-Stand entspricht und kaum eine Gefahr für einen konzentrierten Angriff durch Bomber darstellt. Dazu kommt, dass die Mutsu nur einen Aufklärer vom Katapult starten lassen kann und damit nicht mal über den Schutz eines Jägers verfügt. Zwar erhöht der Aufklärer die Reichweite der Hauptgeschütze auf 24 km, aber ohne Deckung von Kreuzern oder Jägern von einem Träger, wird die Mutsu zu einem leichten Ziel für jeden feindlichen Spieler von Flugzeugträgern. Ähnlich schwach sind auch die Sekundärgeschütze, die zwar ähnlich zahlreich sind wie bei der Nagato, aber mit nur 4 km Reichweite nur sehr waghalsigen Zerstörern gefährlich werden können. Beide Schwächen tragen natürlich der Abstufung auf Stufe sechs Rechnung und unterscheiden damit die Mutsu deutlich von der Nagato.
Auch wenn die Geschosse der Mutsu leicht schwächer als die der Nagato sind, bleiben die 410 mm Granaten eine Gefahr für Schlachtschiffe und Kreuzer und vermögen auch angewinkelte Ziele schwer zu beschädigen. Zwar werden auch diese 410 mm Geschosse an den Panzergürteln von Schlachtschiffe scheitern, wenn man diese auf große Distanzen trifft, aber auf mittlere und kurze Distanzen wirkt die panzerbrechende Munition wie ein Büchsenöffner. Natürlich muss man beachten, dass damit auf weiche Ziele, wie die leichten britischen Kreuzer, auch viele Schüsse einfach durch das Ziel durch gehen, aber wenn man tief genug zielt, wird man dennoch oft genug die Zitadelle treffen und somit maximalen Schaden verursachen. Einziges wirkliches Manko bei der Mutsu sind die trägen Türmen, die zwar auch bei den anderen Schlachtschiffen ihrer Stufe nicht schneller sind, aber dafür haben diese oft mehr Türme oder mehr Geschütze pro Turm. Hier kommen wir zurück zu den Torpedos, denn wer verzweifelt versucht diese einzusetzen, der wird oft sein Schiff drehen müssen und damit nicht nur seine Breitseite zeigen, sondern auch seine Türme aus dem Ziel drehen. Auch daher sollte man der Versuchung, die Torpedos zu verwenden, nicht immer nachgeben und die Mutsu erst einmal wieder jedes andere Schlachtschiff fahren und nutzen. Wenn sich dann die Gelegenheit ergibt, hat man mit den Torpedos noch ein Ass im Ärmel.
mutsu_torpedowinkel
Winkel für den Abwurf der Torpedos Quelle: gamemodels3d.com

Ob sich die Mutsu lohnen wird oder nicht, das dürfte vor allem mit dem Preis im Premium-Laden entscheiden. Sie ist ein solides Schlachtschiff, das richtig gefahren sehr viel Schaden austeilen und einigen Schaden einstecken kann, als Zugabe Torpedos hat, aber dafür sehr anfällig für Luftangriffe ist. Wer gerne den großen “RUMMS” hat oder noch nach einem japanischen Premium-Schiff für die Ausbildung seiner Schlachtschiffkapitäne sucht, der ist mit der Mutsu sicher besser bedient als mit den bisherigen Alternativen (Mikasa und Ishizuchi). Auch wenn die Mutsu weit weniger eine Gelddruckmaschine ist als die Missouri, fährt man dennoch mit dem kleinen japanischen Schlachtschiff gute Gewinne ein, vorausgesetzt man kann den Schaden der 410 mm Geschütze auch ins Ziel bringen. Andere Schlachtschiffe auf Stufe sechs haben mehr Türme und / oder mehr Rohre pro Turm, aber keines kann der Mutsu das Wasser reichen, wenn es um rohe und brutale Durchschlagskraft geht. Für mich ist sie eine gute Ergänzung der japanischen Premium-Schiffe und der Schlachtschiffe allgemein, denn auch wenn die Auswahl an Schlachtschiffen auf Stufe sechs durchaus schon vorhanden ist, wird die Mutsu ganz sicher ihre Nische finden.

2 Gedanken zu „Mutsu, die andere Nagato

  1. Danke für deine Einschätzung 😉

    Ich denke, ich schaue sie mir erst mal als Gegner an, bevor ich sie mir hole. Wenn ich den Eindruck habe, sie fällt mir zu leicht zum Opfer, dann verzichte ich lieber.
    Und du schreibst ja- die Panzerung ist schwächer. Die Nagato ist bereits anfällig für Detonationen gerade im Heckbereich. Wenn hier die Munitionskammern noch schwächer sind, dann habe ich persönlich keinen Bedarf dafür. Gerade wenn man gute CV-Fahrer hat, die einen mit Torps angehen, muss man dann sein Heck versuchen zu schützen. Bei der Flak und der Ruderstellzeit wird das recht happig.

    1. Sehr gerne Walther, es ist mir wie immer eine Freude. 🙂

      Wenn du unsicher bist, dann ist dein Plan sie sich erst einmal als Gegner anzusehen absolut die richtige Entscheidung. Die Panzerung insgesamt ist leicht schwächer, aber jetzt nicht so gravierend, dass dir gleich ständig die Munitionsbunker wegfliegen. Wenn du allerdings natürlich häufiger bei der Nagato schon mit dem Problem zu kämpfen hattest, dann wird es bei der Mutsu nicht ander sein. Ich denke die Mutsu ist eine solide Alternative zu Warspite und Arizona (die Dunkerque lass ich mal als Spezialfall raus) und insgesamt weder schwächer noch stärker als die beiden, denn jedes der Schiffe hat so seine Stärken und Schwächen.

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